Bevor es los geht

 

Ein paar Dinge möchte ich dir noch mitgeben, bevor du dich ins Training mit starksicht stürzt. Glaube an deinen Erfolg. Sonst wird es schwer. Solltest du anfangs noch zweifeln? Kein Problem. Geh mit Neugier ans Werk, probier es aus. Mit den ersten kleineren Erfolgen wächst der Glaube. Dieser Glaube hilft dir dann mögliche schwierigere Phasen zu überstehen.

Außerdem brauchst die Bereitschaft regelmäßig zu trainieren. Diese darf auch in schlechteren Phasen nicht nachlassen. Diese können durchaus vorkommen, müssen aber nicht. Trotz allem hält sich der Aufwand für das Training in Grenzen. Es lässt sich gut in den Alltag integrieren.

Optimal ist es, wenn du Freude daran hast, dein perfektes Training selbst zu gestalten. Es gibt schlicht nicht das eine perfekte Training, dass für jeden gleichermaßen passt. Neben konkreten Übungen und Trainingsplänen gebe ich dir die dahinterliegenden Prinzipien an die Hand. Damit kannst du starksicht perfekt auf dich und dein Alltagsleben anpassen. Spiele ein mit den Übungen, probiere aus, bis es für dich passt.

 

Die Brille

 

Starksicht geht davon aus, dass sich deine Augen an deine Lebensumstände anpasse. Dazu gehört ganz besonders deine Brille. Trägst du sie die meiste Zeit, stellen sich deine Augen auf die entsprechende Schärfe ein. Es ist wie bei jedem Muskeln. Benutzt du ihn nicht, baut er ab. Belastest du Muskeln einseitig, passen sie sich an. Jeder weiß, wie ein eingegipster Arm oder ein eingegipstes Bein bereits nach kurzer Zeit aussieht. Und häufiges Sitzen führt bekanntermaßen zu Verkürzungen im Hüftbereich.

Daher ist es wichtig, dass du deine Brille so selten wir möglich trägst. Wie oft dir der Verzicht möglich ist, hängt von deinen Voraussetzungen ab. Dabei spielt dein Alltag eine große Rolle. Entscheidender ist in der Regel jedoch deine Stärke. 

Unabhängig von deiner Stärke gilt jedoch: Trainiere immer ohne Brille.

Hast du weniger als -2 dpt, kannst du mindestens 50 cm weit sehen. Tätigkeiten im Nahbereich stellen für dich also kein Problem dar. Hier solltest du immer auf deine Brille verzichten. Für alle weiteren Entfernungen liegt es an dir und deinen Umständen, was für dich tolerierbar ist. Wenn es dir beispielsweise nichts ausmacht, vorübergehend nicht jeden deiner Mitmenschen sofort zu erkennen, kannst du bereits komplett auf deine Brille verzichten. Eine Ausnahmen bilden die gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeiten, wie das Autofahren. Grundsätzlich gilt, je weniger du deine Brille trägst desto besser.

Hast du mehr als - 2 dpt, dann empfehle ich dir, eine Brille zu beschaffen, die 0,5 bis 1 dpt schwächerer ist als deine aktuelle Stärke. Damit siehst du immer noch ein bis zwei Meter weit scharf. Tätigkeiten im Nahbereich kannst du damit wunderbar ausführen. Und auch in mittleren Entfernungen siehst du meist ausreichend. Dadurch gibst du deinen Augen ausreichend Spielraum zur Verbesserung. Setze deine reguläre Brille nur auf, wenn es zwingend notwendig ist. Sobald du mit deiner schwächeren Brille wieder scharf siehst, kommt die nächstschwächere dran.

Du brauchst allerdings nicht sofort loslaufen und dir eine neue Brille kaufen, wenn du mit starksicht starten. Du kannst zunächst ausprobieren, ob sich durch das Training erste Verbesserungen zeigen und starksicht das Richtige für dich ist. Wenn du dich dann entschließt durchzustarten, besorgst du dir deine neue Brille.

Einen ganz wichtigen Punkt solltest du allerdings beachten, wenn du im Alltag eine schwächere bzw. keine Brille trägst. Versuche nicht durch Anspannung, Augen zusammenkneifen oder ähnliches scharf zu sehen. Bleib immer locker und entspannt und nimm die Kontraste so war, wie sie aktuell für dich sind. Auch wenn sie unscharf sind. Wenn du etwas schärfer sehen willst, das für dich zu weit weg ist, dann probier dies über ein paar kleine Augenbewegungen schärfer bekommen. In Ausnahmefällen kannst du auch mal kurzzeitig durch Anstrengung scharf stellst. Wird das allerdings zum Dauerzustand, gefährdest du dadurch deinen Trainingserfolg.

 

Der Verlauf

 

Schwankungen in der Sehschärfe gehören zum Training genauso wie zum Alltag. Diese Schwankungen können auf verschiedenen Zeitskalen auftreten, im Sekunden-, Minuten und Stundenbereich genauso wie in Tagen und Wochen. Die Entwicklung verläuft in der Regel nicht gleichmäßig. Vorrübergehende Rückschläge gehören dazu wie sprunghafte Verbesserungen. Sich dessen bewusst zu sein, hilft dir dabei, nicht direkt die Flinte ins Korn zu werfen, wenn es mal nicht so läuft wie gewünscht. Genauso wenig solltest du bei einem Entwicklungssprung in zu große Euphorie verfallen. Eine daraus resultierende zu hohe Erwartungshaltung kann den Druck unnötig erhöhen. Kleinere Schwankungen wirst du bereits bei wechselnden Lichtverhältnissen oder in Abhängigkeit von deinem Stresslevel und deinem Wohlbefinden feststellen.

Während des Trainings wirst du Verbesserungen feststellen. Diese sind anfangs meist kürzer und nur vorübergehend. Mit fortschreitendem Training werden diese Phasen immer länger bis sie für dich normal sind. Es kann durchaus sein, dass du den halben Tag bereits super siehst und das in der zweiten Tageshälfte nachlässt. Das ist in Ordnung und zeigt dir, dass die Sehkraft veränderlich ist. Bleib dran, trainiere regelmäßig und die Zeit des klaren Sehens wird länger und länger. 

Dabei ist wichtig, dass du geduldig bleibst und nicht versuchst, die Verbesserung zu erzwingen. Trainiere zu jedem Moment auf Grundlage deiner aktuellen Sehfähigkeit. Siehst du abends schlechter als morgens oder heute schlechter als gestern, dann wähle dein Trainingsobjekt bzw. den Abstand entsprechend aus. Zum echten Rückschritt wird es nur, wenn du unbedingt dein Vorniveau erreichen möchtest und es dann nicht mehr schaffst, mit dem richtigen Blick zu trainieren.

Jeder darf sich in seinem eigenen Tempo entwickeln. Bleib dran, übe regelmäßig und bleib beim Training entspannt. Anspannung und Überanstrengung können deine Entwicklung komplett zum erliegen bringen. Das Scharfstellen findet über die Bewegung und nicht die Anspannung statt.

Wenn es mal nicht mehr weitergeht, überprüfe, ob die Ausführung deiner Übungen noch korrekt ist. Du kannst auch versuchen, durch andere Übungen oder Varianten, neue Reize zu setzen. Es funktionieren nicht immer alle Übungen gleichermaßen gut. Allerdings wirst du wahrscheinlich deine "Lieblingsübungen" finden, die dir besonders gut tun und zu denen du auch immer wieder zurückkehren kannst. Wenn du nicht mehr voran kommst, kann es auch helfen, einen Schritt zurück zu machen und den Schwierigkeitsgrad wieder etwas zu erniedrigen. 

Wenn du eine Ermüdung in deinen Augen spürst, dann leg auch mal eine Pause ein. Mache Entspannungsübungen. Und wenn du viel zu viel trainiert hast, dann kannst du auch mal ein, zwei Tage Pause machen. Häufig wirst du nach dieser Pause einen Fortschritt sehen. 

Starke Unterschiede wirst du auch in Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen spüren. Trainiere wenn möglich immer bei Tageslicht und an der Natur. Dort findet die größte Entwicklung statt. Sobald du dein Ziel bei Sonnenlicht erreicht hast, kannst du deinen Trainingsschwerpunkt auf schlechtere Lichtverhältnisse verschieben.